Mutterschaft ohne Applaus
- Paula Hauß
- 21. Juli
- 3 Min. Lesezeit
Mutterschaft kostet mich alles: Kraft, Mut, Schmerzen, das Loslassen von der Vorstellung meines Ichs, meines Seins. Das Ablegen meiner eigenen Erwartungen und all der Ansprüche, die ich an mich selbst stelle. An manchen Tagen fühle ich mich gefangen in einem Kreislauf.

Zwischen Burn-out und Bore-out. Und das liegt nicht an einer bestimmten Sache.
Es ist alles auf einmal. Der Wunsch nach einem Zustand von Ordnung und Klarheit im Innen sowie im Außen, der niemals eintritt. Die Erschöpfung der eigenen Gedanken, die nicht zu Ende gedacht werden können. Die Schnelligkeit des Alltags und die Langsamkeit zugleich. Das Chaos.
Ja, Mutterschaft kostet mich alles und gleichzeitig schenkt sie mir alles. Erfurcht, Demut vor dem Leben, allen Müttern gegenüber und meiner eigenen Mutter. Staunen, Stolz, Verbindung, Liebe, Glück.
Es ist alles so viel tiefer.
Kein Verurteilen mehr. Kein Hauch mehr von dieser romantischen Vorstellung, wie eine Mutter zu sein hat. Wie Mütter sind. Sondern pure Wahrheit. Ungefiltert. Heilig. Schmerzhaft schön. Und zutiefst lebendig.
Manchmal wünsche ich mir, dass jemand mich rettet. Aus dieser Tiefe, aus einer Situation, aus einer Überforderung. Aber es kommt keiner. Und was ich damit eigentlich meine, ist der Wunsch, gesehen zu werden – Anerkennung zu bekommen. Für meine Leistung, meine harte Arbeit.
Aber auch das passiert nicht. Außer von mir selbst.
Doch auch das kostet: Überwindung, Mut, Präsenz...
Wir sind darauf konditioniert, im Außen zu sein. Anerkennung durch Leistung zu bekommen. Gelobt zu werden, wenn wir etwas gut gemacht haben, und bestraft zu werden, wenn wir Fehler machen.
Aber als Mutter lobt dich niemand. Als Mutter bekommt man keine Anerkennung dafür, dass man es schafft, sein Kind am Leben zu halten. Es wird einfach davon ausgegangen, dass man das macht. Dass man das kann. Selbstverständlich. Ohne es gelernt zu haben – und natürlich auch ohne dafür bezahlt zu werden. Und zusätzlich hat man gefälligst zu strahlen, sich nicht zu beschweren. Mütter sollen alles leisten – instinktiv, mühelos, liebevoll. Und dabei bitte nicht anecken, nicht klagen, nicht erschöpft sein.
Die Belohnung bleibt aus, aber die Bestrafung kommt zuverlässig. Unsere Fehler werden nicht übersehen. Sie werden kommentiert, eingeordnet, leise, aber auch laut verurteilt. Vor allem von denen, die nicht fühlen, was wir fühlen. Die nicht mit uns durch dieses Chaos gehen.
Egal, wie sehr wir uns zerreißen – es reicht nie.
Also bleiben wir leise. Lächeln. Funktionieren. Man passt sich an. Schluckt runter. Weil Widerstand anstrengender wäre als das Aushalten. Und weil wir gelernt haben, dass Sichtbarkeit gefährlich sein kann. Lieber unter dem Radar bleiben und einfach das Bild der „guten Mutter“ abgeben. Was auch immer das bedeutet.

Und irgendwann merkt man gar nicht mehr, wo man selbst aufhört und die Rolle beginnt. Weil wir so gut funktionieren, aber so wenig Raum bleibt fürs Fühlen, für das eigene Sein, die eigenen Bedürfnisse, Wünsche und Grenzen. Vielleicht geht es vielen von uns so, und wir sprechen nur zu selten darüber. Weil wir gelernt haben, auszuhalten, still zu sein, durchzuziehen. Weil es einfacher ist, zu funktionieren, als sich einzugestehen, dass es gerade zu viel ist.
Aber manchmal reicht schon das Teilen.
Ein Satz. Ein Blick.
Ein Moment, in dem niemand tut, als wär alles leicht. Wir müssen nicht alles im Griff haben.
Wir dürfen auch einfach müde sein!
Was würde sich verändern, wenn wir uns selbst genauso viel Mitgefühl schenken würden, wie wir es jeden Tag anderen geben?
Fotos:
Nina Riehl https://www.ninariehl.de/